Im Fokus einer Biogasanlage steht in der Regel die Energieerzeugung. Für die Steigerung der Wirtschaftlichkeit können jedoch weitere Betätigungsfelder erschlossen werden. Dieses Konzept beschäftigt sich mit der stofflichen Nutzung und stellt z.B. die Nutzung der im Gärprodukt enthaltenen Faserigen Bestandteile vor. 

Eine stoffliche Nutzung z.B. von CO2 aus der Biomethanaufbereitung wird in den nächsten Monaten sicherlich einen Entwicklungsschub erhalten.

Praxisbeispiel

Biogas Innovationspreis 2021 Benas Power Group

Eine Biogasanlage im niedersächsischen Ottersberg extrahiert die Feststoffe aus dem Gärprodukt und verarbeitet diese vor Ort zu Fasergussteilen weiter. 

Eine detaillierte Anlagenbeschreibung findet man auf der sehr ansprechend gestalteten Homepage.

(alle Fotos zur Benas Group von der firmeneigenen Homepage)


Interview Praxisbeispiel

5 Fragen an: Christoph Heitmann

Biogas Pioniere, das trifft auf Familie Heitmann nun schon in 2. Generation zu. Bereits in den 90er Jahren realisierte Jürgen Heitmann sein erstes Biogasprojekt. Am Standort Vorwerk entstand eine Art Selbstbauprojekt mit einem umgebauten 20 kW Opelmotor. Mittlerweile stehen an diesem Standort 2 MW elektrische Leistung und zusammen mit seinem Sohn Christoph Heitmann steht im benachbarten Ottersberg eine weitere Biogasanlage mit über 11 MW installierter Leistung, die genau wie die Anlage in Vorwerk flexibilisiert betrieben wird. Christoph Heitmann geht mit der Gewinnung von Fasern aus dem Gärsubstrat heute genauso neue Wege, wie damals sein Vater. Die Fragen beziehen sich auf die Anlage am Standort Ottersberg.

Was ist das Konzept der Biogasanlage

Gestartet als Kofermentationsanlage zur reinen Stromerzeugung hat sich das Anlagenkonzept im Laufe der Jahre immer wieder verändert. Die mittlerweile voll flexibilisierte NaWaRo Anlage speist jährlich ca. 3-4 MWh Strom ein und beliefert eine 750 m3/h Biomethanaufbereitung, die von der EWE betrieben wird, mit Rohbiogas. Neben der Stickstoffentfernung (ASL als Endprodukt) werden aus dem Gärsubstrat Fasern gewonnen und vor Ort zu Fasergussteilen z.B. für Verpackungen weiterverarbeitet und für die Herstellung von Papier genutzt. Für die Zukunft soll dieser Bereich mehr Einnahmen bringen als die Erlöse aus der Energieerzeugung. 

Welche Informationsquellen für den Biogassektor nutzen Sie?

Ein Austausch mit Betreibern findet über die regionalen Verbände und den Fachverband Biogas statt. Für konkrete Probleme wie z.B. seine Zeit den hohen Stickstoffgehalt im Substrat, wurde Herr Heitmann im Internet fündig und so entstand der Kontakt zu GNS mbH und hieraus z.b. das Folgeprojekt der Fasergewinnung. Das Internet bietet einen guten Überblick über die verfügbaren Möglichkeiten, die Bewertung muss dann immer im persönlichen und ganz konkreten Gespräch mit den beteiligten Akteuren passieren. 

Aus welcher Motivation wurde das Konzept gewählt?

Die Veränderungen im Konzept hatten unterschiedliche Gründe. Der Start als Kofermentationsanlage war aus dem Angebot an Substrat, sowie der zu dem Zeitpunkt günstigen Vergütung entstanden. Veränderungen in den Vergütungsboni des EEG führten zur Veränderung im Substratmix, der erneut angepasst wurde, als die Idee Entstand Verpackungen zu produzieren. Diese sollten aus Imagegründen nicht aus Tierexkrementen entstehen, so wurde auf den Einsatz von HTK verzichtet. Die Gasaufbereitung entstand aus dem Wunsch die Anlage weiter zu Vergrößern. Jedoch lies die Genehmigung keinen weiteren Zubau an BHKW Leistung mehr zu, so kam der Gedanke einer Gasaufbereitung die damals durch den regionalen Energieversorger betrieben wurde. Durch den bereits bestehenden Kontakt zur GNS mbH wurde das Projekt der Fasergewinnung in die Praxis umgesetzt. 

Welche Stolpersteine waren für das Konzept zu überwinden. 

Bezogen auf das konkrete Projekt der Fasergewinnung war die Anpassung des Substratmixes auf reine NaWaRos und somit weg vom HTK umzusetzen, dies war durch die ausreichend vorhandenen Anbaufläche kein wirklicher Stolperstein. Der Entschluss eine eigenen Verarbeitungsstrasse für die Fasern und die Vermarktung des Endproduktes entstand aus der Voraussetzung einen Abnehmer für die Fasern zu haben. Als das Projekt einer Fremdfirma für den Bau einer Produktionsstrasse für Fasergussteile stagnierte, baute letztendlich die Benas Group selbst die Anlage und kümmert sich auch um den Betrieb des fertigen Produktes.  

Wie geht´s in Zukunft weiter?

Die Gewinnung von Fasern und die Herstellung von Papier und Fasergussteilen wird bereits in wenigen Wochen in den Vollbetrieb gehen und dann einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Anlage beitragen. Durch die Größe und Vollflexibilisierung der Anlage, sieht Christoph Heitmann auch dem Auslaufen der EEG Förderung 2026 recht gelassen entgegen. Wenn keine bösen Überraschungen mehr kommen, wird die Benas Group in 3-4 Jahren versuchen über Ausschreibungen eine Anschlussvergütung zu erhalten. Durch die Größe der Anlage liegt die EEG Vergütung bereits jetzt im Bereich der zu erwartenden Ausschreibungserlöse. 

Forschungsprojekt 

Torfersatz aus Champost und Biogasgärprodukten

Die Staatsschule für Gartenbau Stuttgart-Hohenheim untersucht im Rahmen eines vom BMEL geförderten Projektes Verfahren zur Herstellung von Torfersatzprodukten. Michael Ernst als Direktor der Staatsschule für Gartenbau stellte das Projekt auf der Biogas Convention vor. Das Projekt läuft noch bis Mai 2022, wir werden den Abschlussbericht hier veröffentlichen. 

Torfersatzprodukte werden nach Ansicht des Experten mit dem steigenden Umweltbewusstsein der Bevölkerung und der Politik immer beliebter. Herr Dr. Ernst sieht daher hier eine mögliche weitere Wertschöpfung für Biogasanlagen. Das Projekt sieht vor allem NaWaRo Gärreste als mögliches Substrat, idealer Weise mit einer Struktur die noch Einstreureste enthält.  PH Wert, Phosphor und Kaliumgehalte sind aktuell noch problematisch zu betrachten und müssen gesenkt werden.. Die Firma Novis entwickelt ein System zur Aufbereitung des Gärrestes, wobei es sich im wesentlichen um eine Waschung und Trocknung handelt. Im Verlauf des Projektes sollen Zahlen zu den Aufbereitungskosten ermittelt werden, ebenso Konzepte zur Nutzung des Nährstoffreichen „Waschwasser“.